Sieht das Betreuungsgericht entsprechend § 288 Abs. 1 FamFG von der Bekanntgabe eines Gutachtens an den Betroffenen ab, kann durch die Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger allenfalls dann ein notwendiges Mindestmaß rechtlichen Gehörs sichergestellt werden, wenn zusätzlich die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht. Letzteres setzt in der Regel einen entsprechenden Hinweis des Betreuungsgerichts an den Verfahrenspfleger voraus[1].

Vor der Bestellung eines Betreuers hat das Beschwerdegericht gemäß § 278 Abs. 1 FamFG den Betroffenen grundsätzlich persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Zwar räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dem Beschwerdegericht auch im Betreuungsverfahren die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen. Dies setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass die Anhörung bereits im ersten Rechtszug ohne Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind[2].
Sieht das Betreuungsgericht entsprechend § 288 Abs. 1 FamFG von der vorherigen Bekanntgabe eines Gutachtens an den Betroffenen – wie hier aus gesundheitlichen Gründen – ab, kann durch die Bekanntgabe an den Verfahrenspfleger allenfalls dann ein notwendiges Mindestmaß rechtlichen Gehörs sichergestellt werden, wenn zusätzlich die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht. Letzteres setzt in der Regel einen entsprechenden Hinweis des Betreuungsgerichts an den Verfahrenspfleger voraus[3].
Diese Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Anhörung der Betroffenen waren hier nicht erfüllt.
Das Amtsgericht hat das Gutachten kommentarlos an die Verfahrenspflegerin übersandt. Am 9.09.2021 hat zwar ein Anhörungstermin stattgefunden, in dem die Betroffene kein inhaltliches Gespräch führen wollte. Den Gerichtsakten lässt sich aber nicht entnehmen, dass die Verfahrenspflegerin vorab mit der Betroffenen in Kontakt getreten ist und ihr den Inhalt des Gutachtens erläutert hätte. Der Hinweis des Amtsgerichts an die Betroffene, wonach die Sachverständige mitgeteilt habe, dass die Einrichtung einer Betreuung aus ärztlicher Sicht wichtig und dringlich sei, genügt nicht, um die Betroffene hinreichend über das Gutachten zu informieren.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 2. März 2022 – XII ZB 558/21