Lebt der Betroffene in einer angemieteten Wohnung und bezieht er von einem gesonderten Anbieter ambulante Betreuungsleistungen, so hält er sich damit grundsätzlich noch nicht in einem Heim gemäß § 5 Abs. 3 VBVG aF auf[1].

Die (hier: für die Vereinsbetreuung) nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB iVm §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 VBVG zustehende Vergütung ist daher in einem solchen Fall aufgrund des Stundenansatzes nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 VBVG aF zu bemessen.
§ 5 VBVG aF unterscheidet für den pauschal zu vergütenden Zeitaufwand eines Betreuers danach, ob der Betreute seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim hat oder nicht.
Der danach maßgebende Begriff „Heim“ wird – in Anlehnung an § 1 Abs. 2 HeimG – in § 5 Abs. 3 VBVG aF definiert. Heime im Sinne des Vergütungsrechts sind danach Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind. Die Regelung beruht auf dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 21.04.2005 (2. BtÄndG)[2]. Ziel dieses Gesetzes, das auf Vorschläge einer BundLänder-Arbeitsgruppe „Betreuungsrecht“ zurückgeht, ist es unter anderem, mit der Einführung von pauschalierenden Stundenansätzen die Abrechnung der Betreuervergütung zu vereinfachen. Praktisch sinnvoll ist danach ein striktes, an griffige und leicht feststellbare Kriterien gebundenes Verständnis des vergütungsrechtlichen Heimbegriffs. Im Einzelfall dennoch bestehenden Schwierigkeiten ist durch eine teleologische Auslegung zu begegnen. Denn dem Gesetz liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich der Aufwand der rechtlichen Betreuung erheblich danach unterscheidet, ob der Betreute zuhause oder in einem Heim lebt[3].
Die Voraussetzungen des vergütungsrechtlichen Heimbegriffs sind daher nur dann erfüllt, wenn Wohnraum, Verpflegung und tatsächliche Betreuung sozusagen „aus einer Hand“ zur Verfügung gestellt oder bereitgestellt werden. Eine Wohnung wird nicht schon dadurch zum Heim, dass der Vermieter dem Mieter anbietet, ihm bei Erforderlichkeit Verpflegung und tatsächliche Betreuung durch einen Drittanbieter zu vermitteln, solange der Mieter nicht vertraglich gebunden ist, dieses Angebot im Bedarfsfall anzunehmen, § 5 Abs. 3 Satz 2 VBVG aF iVm § 1 Abs. 2 Satz 1 und 3 HeimG[4].
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof die Heimeigenschaft trotz einer personellen Verbindung von Vermieter und Pflegedienst verneint, wenn der Mietvertrag es zuließ, dass die Bewohner einen anderen Pflegedienstanbieter auswählen. Auch durch eine organisatorische Verbindung würden dem Betreuer die diesbezügliche Organisation und Überwachung nicht abgenommen[5]. Der Bundesgerichtshof hat zudem nach Erlass der angefochtenen Entscheidung die Heimeigenschaft in einem Fall verneint, in dem Wohnraum durch eine von den Bewohnern gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts angemietet wird und die Bewohner mit einem Pflegedienst individuelle Verträge über Verpflegung und Betreuungsleistungen schließen. Aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der Verträge fehle es an der für den vergütungsrechtlichen Heimbegriff erforderlichen Bereitstellung von Wohnraum, Verpflegung und tatsächlicher Betreuung „aus einer Hand“[6].
Nach diesen Maßstäben lebt der Betreute im hier beschriebenen Fall nicht in einem Heim im Sinne von § 5 Abs. 3 VBVG aF:
Wohnraum, Verpflegung und tatsächliche Betreuung werden vorliegend nicht „aus einer Hand“ erbracht. Der Betroffene lebt in einer von einem Kapitalanleger, der keine Verbindungen zu einem Heim aufweist, angemieteten und voll ausgestatteten Wohnung. Damit hat er einen von dem Vertrag über Versorgungsleistungen zu unterscheidenden Vertrag geschlossen und erhält keine „aus einer Hand angebotenen“ Leistungen. Hieran ändert auch der vom Landgericht hervorgehobene Umstand nichts, dass die Wohnungen faktisch nicht auf dem freien Markt, sondern nur über den Betreuungsträger verfügbar seien, weil keine rechtliche Verpflichtung zur Abnahme von dessen Betreuungsleistungen besteht. Der vom Landgericht herangezogene Vergleich mit einem Hotel überzeugt ebenfalls nicht, da der Betreuungsdienst vorliegend gerade keine Wohnungsüberlassung schuldet. Schließlich kommt es nicht auf die vom Landgericht hervorgehobene Frage an, ob die Wahl eines anderen Pflegedienstanbieters sinnvoll ist. Unabhängig davon, dass über nur geringfügige „Grundleistungen“ hinausgehende vom Betroffenen entgegengenommene Pflegeleistungen nicht festgestellt sind, steht die hier gegebene rechtliche Möglichkeit, einen anderen Dienst zu wählen, der Einordnung als Heim entgegen.
Auch der Zweck der Vorschrift, einer Entlastung des Betreuers durch den geringeren Stundenansatz Rechnung zu tragen, führt zu keiner anderen Bewertung. Die Wohnungsgewährung und die geringen Betreuungsleistungen werden durch rechtlich verschiedene Anbieter erbracht. Dadurch werden dem Betreuer die ihm diesbezüglich obliegenden Aufgaben der Organisation und Überwachung nicht abgenommen. Auch die Auswahl des jeweiligen Dienstleisters bleibt Aufgabe des Betreuers.
Der Betreuer wird danach durch die vorliegend gewählte Wohn- und Betreuungsform nicht in einer mit einer stationären Heimunterbringung vergleichbaren Weise entlastet. Die Frage, ob mit der gewählten Form der Unterbringung gleichwohl einzelne Entlastungen verbunden sein mögen, stellt sich wegen der hier gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. November 2020 – XII ZB 436/19
- im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 28.11.2018 – XII ZB 517/17 , FamRZ 2019, 477; und vom 20.05.2020 – XII ZB 226/18 , FamRZ 2020, 1408[↩]
- BGBl. I 1073[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 28.11.2018 – XII ZB 517/17 , FamRZ 2019, 477 Rn. 9; und vom 20.05.2020 – XII ZB 226/18 , FamRZ 2020, 1408 Rn. 8[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 28.11.2018 – XII ZB 517/17 , FamRZ 2019, 477 Rn. 11; und vom 20.05.2020 – XII ZB 226/18 , FamRZ 2020, 1408 Rn. 9[↩]
- BGH, Beschluss vom 28.11.2018 – XII ZB 517/17 , FamRZ 2019, 477 Rn. 13 f.[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.05.2020 – XII ZB 226/18 FamRZ 2020, 1408 Rn. 10 ff.[↩]