Das Verfahren auf Festsetzung der Vergütung des Betreuers kann auf beide möglichen Vergütungsschuldner (Betreuter und Staatskasse) erstreckt werden, wenn die Mittellosigkeit des Betreuten zweifelhaft ist. Der rechtzeitige Antrag auf Festsetzung der Betreuervergütung gegen den Betreuten wahrt die Frist des § 2 Abs. 1 1. Halbs. VBVG auch gegenüber der subsidiär berufenen Staatskasse, wenn sich im Laufe des Verfahrens die Mittellosigkeit des Betreuten herausstellt.

In dem Verfahren zur Festsetzung der Vergütung (§§ 168 Abs. 1 Satz 1, 292 Abs. 1 FamFG) ist danach zu differenzieren, ist, ob der Betreuer seinen Vergütungsanspruch auf Zahlung aus dem Vermögen des Betreuten oder aus Mitteln der Staatskasse richtet. In dem hier vorliegenden Fall hat sich in dem zunächst gegen das Vermögen des Betreuten gerichteten Festsetzungsverfahren herausgestellt, dass die Staatskasse der richtige Anspruchsgegner ist, weil der Betroffene im Zeitpunkt der Entscheidung über die Betreuervergütung in der letzten Tatsacheninstanz mittellos war[1].
Träfe es zu, dass eine Trennung der beiden, nach der Person des Vergütungsschuldners differenzierenden Verfahrensarten auch in solchen Fällen strikt durchzuhalten sei, bliebe für eine im vorliegenden Fall für richtig gehaltene Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht kein Raum. Denn wenn der Betreute im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Beschwerdegericht nicht (mehr) der richtige Anspruchsgegner ist und ausschließlich der Vergütungsanspruch gegen den Betreuten Verfahrensgegenstand wäre, so wäre das auf Festsetzung der Betreuervergütung gegen das Vermögen des Betreuten gerichtete Verfahren im Sinne einer Antragszurückweisung entscheidungsreif. In diesem Sinne müsste das Beschwerdegericht gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG auch selbst entscheiden, weil es keinen Grund für die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht gäbe; insbesondere läge kein Zurückverweisungsgrund nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG vor, weil das Amtsgericht bereits in der Sache entschieden hat, und zwar über den einzigen Anspruch, der vom Rechtsstandpunkt der Staatskasse aus Verfahrensgegenstand ist.
Müsste unter diesen Voraussetzungen die reklamierte Trennung der Vergütungsansprüche gegen den Betreuten einerseits und gegen die Staatskasse andererseits in verfahrensrechtlicher Hinsicht durchgehalten werden, bestünde in solchen Fällen, in denen gerade die Mittellosigkeit des Betreuten zweifelhaft ist, die Gefahr erheblicher Unbilligkeiten. Denn die Entscheidung über Vergütungsansprüche wirkt nach allgemeiner Ansicht nur zwischen den Beteiligten, d. h. im Verfahren auf Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse nur im Verhältnis zwischen dem Betreuer und der Staatskasse und im Verfahren auf Festsetzung der Vergütung aus dem Vermögen des Betreuten nur im Verhältnis zwischen dem Betreuer und dem Betreuten. Nimmt der Betreuer zunächst die Staatskasse auf Vergütung in Anspruch, so wäre eine in diesem Verfahren rechtskräftig getroffene Feststellung, der Betreute sei nicht mittellos, für das nachfolgende Verfahren gegen den Betreuten nicht bindend. Die damit vor allem für den Betreuer verbundenen Schwierigkeiten können zur Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen dadurch vermieden werden, dass sich das Festsetzungsverfahren auf beide Ansprüche erstrecken kann, wenn um die Mittellosigkeit des Betreuten und damit um die Person des richtigen Vergütungsschuldners gestritten wird. Es entspricht deshalb einer verbreiteten und zutreffenden Auffassung, dass der Betreuer beide Ansprüche in einem Verfahren geltend machen kann[2]. Eine solche Auslegung wird naheliegen, wenn das Begehren des Betreuers dahingehend zu verstehen ist, überhaupt eine Vergütung zu erhalten. In diesem Fall kann das Gericht einen stillschweigenden Hilfsantrag annehmen oder bei Ablehnung der Vergütung gegen den einen Vergütungsschuldner sogar von Amts wegen (§§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG) einen Vergütungsanspruch gegen den anderen Vergütungsschuldner festsetzen[3].
Es ist deshalb für den Bundesgerichtshof aus Rechtsgründen nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht nach der Gewährung rechtlichen Gehörs für den Bezirksrevisor im Beschwerdeverfahren eine Vergütung aus Mitteln der Staatskasse festgesetzt hat.
Der Anspruch der Betreuerin auf Vergütung aus den Mitteln der Staatskasse war im vorliegenden Fall auch nicht teilweise wegen Versäumnis der Frist nach § 2 Satz 1 VBVG erloschen.
Gemäß § 2 Satz 1 1. Halbs. VBVG erlischt der Vergütungsanspruch des Betreuers, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim Betreuungsgericht geltend gemacht wird. § 2 Satz 1 2. Halbs. VBVG bestimmt, dass die Geltendmachung des Anspruchs beim Familiengericht auch als Geltendmachung gegenüber dem Betreuten gilt. Daraus folgt unmittelbar, dass die gerichtliche Geltendmachung des Vergütungsanspruchs gegenüber der Staatskasse die Frist des § 2 Satz 1 1. Halbs. VBVG auch in Bezug auf die Möglichkeit einer späteren Inanspruchnahme des Betreuten wahrt.
Es entspricht indessen einhelliger und zutreffender Meinung, dass dies über den Wortlaut des Gesetzes hinaus ebenfalls im umgekehrten Fall gilt, zumal auch der Vergütungsanspruch gegen den vermögenden Betreuten beim Familiengericht geltend zu machen ist[4]. Der rechtzeitige Antrag auf Festsetzung der Vergütung gegen den Betreuten wahrt danach die Frist des § 2 Abs. 1 1. Halbs. VBVG auch gegenüber der subsidiär berufenen Staatskasse, wenn sich später im Verfahren die Mittellosigkeit des Betreuten herausstellt[5]. Es handelt sich in beiden Fällen um denselben Anspruch, nämlich den Anspruch des Betreuers auf Vergütung für die von ihm erbrachten Betreuerleistungen, unabhängig davon, ob der Betreute selbst oder die Staatskasse zu seiner Befriedigung berufen ist[6]. Ein Wechsel auf der Schuldnerseite ändert an der Art des Anspruchs nichts. Auch der Sinn und Zweck des § 2 Satz 1 VBVG, den Betreuer zur zügigen Geltendmachung seiner Ansprüche anzuhalten, um zu verhindern, dass Ansprüche in einer Höhe auflaufen, die die Leistungsfähigkeit des Betreuten überfordert, dessen Mittellosigkeit begründet und damit die Einstandspflicht der Staatskasse auslöst, steht dem nicht entgegen[7].
Die Betreuerin hat mit dem Vergütungsantrag vom 05.03.2012 die höheren Stundensätze für vermögende Betreute (§ 5 Abs. 1 VBVG) geltend gemacht und ihren Vergütungsanspruch insoweit innerhalb der Frist des § 2 Satz 1 1. Halbs. VBVG dargelegt. Damit ist diese Frist auch gegenüber der Staatskasse als dem neuen Vergütungsschuldner gewahrt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. August 2015 – XII ZB 314/13
- vgl. dazu BGH, Beschluss vom 06.02.2013 XII ZB 582/12 FamRZ 2013, 620 Rn. 18[↩]
- BayObLG FamRZ 2001, 377 f.; Keidel/Engelhardt FamFG 18. Aufl. § 168 Rn. 22; Zimmermann FamRZ 2004, 921, 928; vgl. auch OLG Hamm OLGR 2004, 189, 190; Prütting/Helms/Hammer FamFG 3. Aufl. § 168 Rn. 18; Fröschle/Fischer in Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 3. Aufl. Anh. zu § 292 FamFG Rn. 3[↩]
- BayObLG FamRZ 2001, 377, 378; Zimmermann FamRZ 2004, 921, 928[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Wagenitz 6. Aufl. § 2 VBVG Rn. 2[↩]
- OLG Hamm FGPrax 2007, 171, 173; LG Saarbrücken BtPrax 2009, 42 f.; LG Mönchengladbach FamRZ 2007, 1357, 1358; Palandt/Götz BGB 74. Aufl. § 2 VBVG Rn. 1; MünchKomm-BGB/Wagenitz 6. Aufl. § 2 VBVG Rn. 2; jurisPK-BGB/Jaschinski [Stand: März 2015] § 2 VBVG Rn. 11; Jürgens/von Crailsheim Betreuungsrecht 5. Aufl. § 2 VBVG Rn. 3; HK-BUR/Bauer/Deinert [Stand: September 2009] § 2 VBVG Rn. 11; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1.09.2011] § 2 VBVG Rn. 27; Deinert/Lütgens Die Vergütung des Betreuers 6. Aufl. Rn. 1687[↩]
- BT-Drs. 13/7158 S. 26 f. zur Vorgängervorschrift § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F.[↩]
- ebenso Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1.09.2011] § 2 VBVG Rn. 27[↩]