Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Das ist im Grundgesetz festgehalten. Darum darf auch niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Um einige der Nachteile behinderter Menschen im Arbeitsleben auszugleichen und im Optimalfall erst gar nicht entstehen zu lassen, enthält Teil 3 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen. Diese sehen auch eine arbeitsbegleitende Betreuung der Schwerbehinderten vor. In diesem Zusammenhang kommt der Schwerbehindertenvertretung zentrale Bedeutung zu.

Arbeitsbegleitende Betreuung durch den Integrationsfachdienst
Für die arbeitsbegleitende Betreuung schwerbehinderter Menschen sind in erster Linie die Integrationfachdienste (IFD) zuständig. Zu ihren Aufgaben gehören vorrangig die Arbeitsplatzvermittlung und Arbeitsplatzsicherung schwerbehinderter Menschen, bei denen ein besonderer Bedarf an arbeitsbegleitender Betreuung besteht. Das gilt insbesondere für geistige und seelische Behinderungen sowie schwere Körper-, Sinnes- und Mehrfachbehinderungen, die sich nachteilig auf das Arbeitsleben auswirken.
Auch am konkreten Arbeitsplatz beraten und unterstützen die Integrationsfachdienste die Schwerbehinderten in ihrem Alltag und beraten den Arbeitgeber zu allen Fragen rund um die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, z.B. zur behindertengerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes. Dabei arbeiten die Integrationsfachdienste eng mit der Schwerbehindertenvertretung zusammen, beraten diese bei der Erarbeitung einer Inklusionsvereinbarung, der Einführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements und in konkreten Einzelfällen.
Die Schwerbehindertenvertretung und ihre Aufgaben
Auch die Schwerbehindertenvertretung leistet den Schwerbehinderten im Betrieb tatkräftige Unterstützung. Es handelt sich um die gewählte Interessenvertretung schwerbehinderter und gleichgestellter Menschen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsplatz zu fördern und den Schwerbehinderten jederzeit helfend und beratend zur Seite zu stehen. Dieser Aufgabe kommt die SBV insbesondere nach, indem sie
- darüber wacht, dass die zugunsten der schwerbehinderten Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen und Vereinbarungen durchgeführt und insbesondere auch die dem Arbeitgeber obliegenden Pflichten aus §§ 154, 155 und 164-167 SGB IX erfüllt werden;
- Maßnahmen, die den schwerbehinderten Menschen dienen, bei den zuständigen Stellen beantragt;
- sich den Anregungen und Beschwerden Schwerbehinderter annimmt und durch Verhandlung mit dem Arbeitgeber auf die Erledigung dieser hinwirkt, falls sie berechtigt erscheinen.
Wann muss eine Schwerbehindertenvertretung gewählt werden?
Eine Schwerbehindertenvertretung muss gemäß § 177 SGB IX in allen Betrieben gewählt werden, in denen wenigsten fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind. Dann wählen die im Betrieb beschäftigten (schwer-)behinderten und gleichgestellten Menschen in einer geheimen Wahl, die den Grundsätzen der Mehrheitswahl folgt, eine Vertrauensperson und deren Stellvertreter. Die Vertrauensperson muss nicht selbst schwerbehindert sein. Auch ein Betriebsratsmitglied kann für das Amt der Schwerbehindertenvertretung kandidieren. Voraussetzung ist, dass die Person nicht nur vorübergehend im Betrieb beschäftigt ist, das 18. Lebensjahr vollendet hat und bereits seit mindestens sechs Monaten im Betrieb arbeitet. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung findet alle vier Jahre zwischen dem 1. Oktober und dem 30. November statt. Von dieser Regelung kann abgewichen werden, wenn
- die Vertrauensperson vorzeitig aus ihrem Amt ausscheidet und kein Stellvertreter nachrückt;
- die letzte Wahl erfolgreich angefochten wurde;
- die Schwerbehindertenvertretung zum ersten Mal gewählt wird.

Die Rechte der Schwerbehindertenvertretung
Damit die Schwerbehindertenvertretung die Interessen der schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen im Betrieb wirksam und angemessen vertreten kann, hat der Gesetzgeber ihr eine Reihe von Rechten zugesprochen. Dazu gehören:
- Beteiligungsrechte: Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder eine Gruppe von Schwerbehinderten betreffen, umfassend zu unterrichten. Vor einer Entscheidung muss er die Vertrauensperson anhören und ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitteilen. Ferner hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht, sich an Bewerbungsgesprächen schwerbehinderter Menschen zu beteiligen. Vor seiner Auswahlentscheidung muss der Arbeitgeber die SBV abermals anhören.
- Teilnahmerecht: Die Schwerbehindertenvertretung hat das Recht, an den Sitzungen des Betriebs- und Personalrats sowie des Arbeitsschutzausschusses beratend teilzunehmen. Sie kann beantragen, Angelegenheiten auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen, wenn diese einzelne oder mehrere schwerbehinderte Menschen besonders betreffen.
- Versammlungsrecht: Die Schwerbehindertenvertretung kann mindestens einmal im Kalenderjahr eine Versammlung der schwerbehinderten Menschen im Betrieb durchführen. Dabei finden die für Betriebs- und Personalversammlungen gelten Vorschriften Anwendung.
- Recht auf Freistellung: Der Arbeitgeber muss die SBV bezahlt freistellen, wenn das zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Der zeitliche Umfang der Freistellung richtet sich nach der Anzahl der beschäftigten schwerbehinderten Menschen und den jeweiligen Verhältnissen im Betrieb. Ab 100 schwerbehinderten Beschäftigten kann die Schwerbehindertenvertretung auf ihren Wunsch vollständig freigestellt werden.
- Schulungsanspruch: Um ihren Aufgaben angemessen nachkommen zu können, muss die SBV über vielfältige Kenntnisse auf dem Gebiet der Rechte Schwerbehinderter verfügen. Diese werden ihr in verschiedenen Schulungen und Seminaren vermittelt. Gemäß § 179 Abs. 4 SBG IX hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht, an diesen Schulungen teilzunehmen. Auch dafür muss der Arbeitgeber sie ohne Minderung des Arbeitsentgelts freistellen.
- Recht auf Kostenübernahme: Der Arbeitgeber muss die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstanden Kosten tragen. Dazu gehört insbesondere auch die Bereitstellung geeigneter Büroräume und Sachmittel.
Kündigungsschutz
Wie der Betriebsrat genießt die Schwerbehindertenvertretung einen Kündigungsschutz. Während ihrer Amtszeit und ein Jahr danach kann der Arbeitgeber der SBV also nur aus einem wichtigen Grund eine außerordentliche Kündigung aussprechen. Das ist z.B. der Fall, wenn der gesamte Betrieb oder die Abteilung, in der die Schwerbehindertenvertretung beschäftigt ist, stillgelegt wird. So soll sichergestellt werden, dass die SBV ihr Amt neutral, unabhängig und weisungsfrei ausüben kann. Auch die Schwerbehinderten selbst genießen einen Sonderkündigungsschutz. Demnach darf der Arbeitgeber ihnen nur dann kündigen, wenn er dazu die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt hat.






