Richterliche Feststellungen zum objektiven Betreuungsbedarf

Der in § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltene Grundsatz der Erforderlichkeit verlangt für die Bestellung eines Betreuers tatrichterliche Feststellungen dazu, ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht.

Richterliche Feststellungen zum objektiven Betreuungsbedarf

Der objektive Betreuungsbedarf ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen.

Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Nach § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Dieser Grundsatz verlangt für die Bestellung eines Betreuers die konkrete tatrichterliche Feststellung, dass sie – auch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit – notwendig ist, weil der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen[1]. Die Erforderlichkeit einer Betreuung darf sich dabei nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des Betroffenen ergeben, seine Angelegenheiten selbst regeln zu können. Hinzutreten muss ein konkreter Bedarf für die Bestellung eines Betreuers[2]. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen[3]. Der Grundsatz der Erforderlichkeit gilt auch im Bereich der Vermögenssorge[4].

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. Juli 2011 – XII ZB 80/11

  1. vgl. OLG München BtPrax 2006, 30, 31; BayObLG FamRZ 1995, 1085; 1999, 1612[]
  2. BayObLG FamRZ 1997, 388; BtPrax 1995, 64, 65; OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 748, 749; MünchKomm-BGB/Schwab 5. Aufl. § 1896 Rn. 39; Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1896 Rn. 9[]
  3. BayObLG FamRZ 1998, 452; 453; MünchKomm-BGB/Schwab 5. Aufl. § 1896 Rn. 39 mwN[]
  4. MünchKomm-BGB/Schwab 5. Aufl. § 1896 Rn. 104; LG Regensburg FamRZ 1993, 477, 478[]