Die Fixierung eines Patienten stellt einen Eingriff in dessen Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 GG) dar. Fehlende Einsichtsfähigkeit lässt den Schutz des Art. 2 Abs. 2 GG nicht entfallen[1]; er ist auch dem psychisch Kranken und nicht voll Geschäftsfähigen garantiert[2].

Aufgrund ihrer besonderen Eingriffsintensität ist die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren, die den Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG abermals auslöst[3].
Von einer kurzfristigen Maßnahme ist in der Regel auszugehen, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreitet[4].
Die Freiheitsentziehung erfordert grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung[5].
Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nur dann zulässig, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Maßnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste[6]. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG fordert in einem solchen Fall, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen[7].
Das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss[8].
Das Amtsgericht hat ggfs. in der gebotenen Begründungstiefe darzulegen, weshalb eine vorherige richterliche Anordnung der Fixierung nicht möglich war oder unverzüglich nachgeholt wurde.
Dass die Fixierung an einem Samstagmittag erfolgte, ist kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für Verzögerungen. Es bedarf in diesem Zusammenhang eines täglichen richterlichen Bereitschaftsdienstes, der – in Orientierung an § 758a Abs. 4 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) – den Zeitraum von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr abdeckt[9].
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. Februar 2022 – 2 BvR 356/21
- vgl. BVerfGE 58, 208 <224> 128, 282 <301> 149, 293 <318 Rn. 66>[↩]
- vgl. BVerfGE 10, 302 <309> 58, 208 <224> 128, 282 <301> 149, 293 <318 Rn. 66>[↩]
- BVerfGE 149, 293 <320 Rn. 69>[↩]
- BVerfGE 149, 293 <319 Rn. 68>[↩]
- vgl. nur BVerfGE 10, 302 <321> 22, 311 <317> 105, 239 <248> 149, 293 <334 Rn. 98>[↩]
- vgl. BVerfGE 22, 311 <317> 105, 239 <248> 149, 293 <334 Rn. 98>[↩]
- vgl. BVerfGE 10, 302 <321> 105, 239 <249> 149, 293 <334 Rn. 99>[↩]
- vgl. BVerfGE 105, 239 <249> 149, 293 <334 Rn. 99> m.w.N.[↩]
- BVerfGE 149, 293 <335 Rn. 100> m.w.N.[↩]