Betreuungverlängerung – und der erforderliche Verfahrenspfleger

Im Verfahren über die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen ist gemäß § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel erforderlich. Ist in erster Instanz die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterblieben, hat das Beschwerdegericht für die Beschwerdeinstanz das Vorliegen der Voraussetzungen des § 276 Abs. 1 FamFG erneut zu prüfen[1].

Betreuungverlängerung – und der erforderliche Verfahrenspfleger

Nach § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Gemäß dem danach entsprechend anwendbaren § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht dem Betroffenen einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach der Änderung der Vorschrift durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 04.05.2021[2] ist gemäß § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG in der seit dem 1.01.2023 geltenden Fassung die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel erforderlich, wenn die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll. Ist in erster Instanz die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterblieben, hat das Beschwerdegericht für die Beschwerdeinstanz das Vorliegen der Voraussetzungen des § 276 Abs. 1 FamFG erneut zu prüfen, wobei es hierfür weiterhin auf den erstinstanzlichen Verfahrensgegenstand ankommt[3].

Gemäß § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann von der Bestellung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Nach § 276 Abs. 2 Satz 2 FamFG ist die Nichtbestellung zu begründen. Dabei unterfällt es der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht, ob die den Tatsacheninstanzen obliegende Entscheidung ermessensfehlerfrei getroffen worden ist[4].

Gemessen hieran war im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen die Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG für die Betroffene erforderlich. Durch die erstinstanzliche Entscheidung wurde der bereits früher angeordnete Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögenssorge verlängert. Dies geschah auch gegen den erklärten Willen der Betroffenen, wie sich bereits daraus ergibt, dass diese im April 2023 beantragt hat, den Einwilligungsvorbehalt aufzuheben. Da die Interessen der Betroffenen im Betreuungsverfahren nicht von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 276 Abs. 5 FamFG vertreten worden sind, hätte von der Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG nur unter den bereits genannten Voraussetzungen abgesehen werden können. Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts enthält indes keine Begründung für die unterbliebene Bestellung eines Verfahrenspflegers. Deshalb kann das Rechtsbeschwerdegericht weder prüfen, ob das Beschwerdegericht von seinem Ermessen bezüglich der Bestellung eines Verfahrenspflegers überhaupt Gebrauch gemacht hat, noch ob seine Entscheidung ermessensfehlerfrei ergangen ist[5]. Bereits dies gebietet die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Juni 2024 – XII ZB 521/23

  1. im Anschluss an BGH, Beschluss vom 16.02.2022 – XII ZB 499/21 , FamRZ 2022, 730[]
  2. BGBl. I S. 882[]
  3. BGH, Beschluss vom 16.02.2022 – XII ZB 499/21 , FamRZ 2022, 730 Rn. 4 mwN[]
  4. BGH, Beschluss vom 11.09.2019 – XII ZB 537/18 , FamRZ 2020, 50 Rn. 4 mwN[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 22.08.2018 – XII ZB 180/18 , FamRZ 2018, 1776 Rn. 10 mwN[]